4. Juni 2025
Fehlkäufe bei Unternehmen (M&A) vermeiden: Ursachen verstehen, Risiken minimieren
Unternehmenskäufe bzw. allgemein Mergers & Acquisitions (M&A) versprechen attraktive Wachstumsmöglichkeiten, strategische Vorteile und einen Wettbewerbsvorsprung. Doch in der Praxis läuft nicht jede Transaktion wie vorgesehen. Aus meiner Erfahrung mit zahlreichen M&A-Projekten – von Erfolgsstorys bis hin zu schmerzhaften Fehlentscheidungen – zeigt sich, dass manche Deals nicht das gewünschte Resultat bringen. Oft glänzen Akquisitionen auf dem Papier, scheitern aber in der Realität.
Entsprechend der im letzten Artikel vorgestellten Matrix, geht es nun um die Fälle unten rechts, in denen eine objektiv nicht sinnvolle Transaktion dennoch durchgeführt wird.

Was sind die Gründe, dass sich Unternehmen manchmal für eine Akquisition entscheiden, obwohl diese objektiv nicht sinnvoll ist? Und wie können solche Fehler vermieden werden? Im Folgenden werfen wir einen Blick darauf, welche Fallstricke besonders häufig auftreten, und welche Ansätze helfen können, langfristig erfolgreicher im Umgang mit M&A zu sein.
❌ Häufigste Fallstricke
1. Fehlgeleitete strategische Motive
Ein häufiger Ursprung für suboptimale Entscheidungen liegt in fehlgeleiteten strategischen Zielen.
- Wachstumsdruck
Börsennotierte Unternehmen stehen oft enorm unter Zugzwang, kontinuierliches Wachstum zu präsentieren. Akquisitionen scheinen dann eine schnelle Lösung zu sein, um Umsatz und Gewinn zu pushen. Doch dieser kurzfristige Fokus geht häufig zulasten der langfristigen Unternehmensstabilität.
- Marktmacht ohne Synergien
Der Kauf von Wettbewerbern, um Marktanteile zu sichern, kann ebenso trügerisch sein. Ohne klare Synergien führt dies oft zu einer ineffizienten Ressourcennutzung und kann die übergeordnete Strategie des Unternehmens verzerren.
- Diversifikation ohne Fokus
Wenn Unternehmen vom Kerngeschäft abweichen, um sich in branchenfremden Märkten zu diversifizieren, entsteht oft mehr Chaos als Erfolg. Der Verlust an Klarheit und Expertise in neuen, ungewohnten Branchen führt häufig zu unproduktiven Investments und ineffizientem Ressourceneinsatz.
2. Überschätzte Synergien
Synergien sind ein beliebtes Argument, um hohe Kaufpreise zu rechtfertigen. Doch leider werden diese meist überschätzt.
- Operative Synergien
Einsparpotenziale in Bereichen wie Einkauf oder Verwaltung bleiben häufig hinter den Erwartungen zurück. Komplexe und unterschiedliche Systeme sowie Prozesse zwischen den Unternehmen machen die angestrebte Harmonisierung oft schwieriger und teurer als kalkuliert.
- Vertriebssynergien
Die Idee, Produkte des übernommenen Unternehmens an die eigene Kundenbasis zu verkaufen, oder andersherum (Cross-Selling), klingt verlockend. Doch Kundengruppen sind oft individueller, als es theoretische Modelle annehmen. Unterschiedliche Bedürfnisse, Produktportfolios oder Vertriebswege schaffen praktische Hürden. Hinzu kommen kulturelle Differenzen zwischen den Vertriebsabteilungen, die die Zusammenarbeit erschweren und so das Potenzial der Synergien erheblich mindern.
3. Unterschätzte Herausforderungen der Integration
Viele Deals scheitern nicht am Kaufpreis oder der Marktlogik, sondern an der Integration nach Abschluss des Deals.
- Mangelnde Integrationsplanung
Ohne eine gut durchdachte und konsequent umgesetzte Integrationsstrategie drohen selbst die sinnvollsten Übernahmen zu scheitern. Besonders kritisch wird es, wenn der Integrationsprozess improvisiert und nicht systematisch, mit klarem Zielbild, vorangetrieben wird.
- Überhöhte Selbstüberschätzung
Die finanziellen und operativen Kapazitäten für eine saubere Integration werden oft zu gering angesetzt. Am Ende fehlen Ressourcen, um ambitionierte Ziele tatsächlich umzusetzen.
- Kulturelle Differenzen
Unterschätzte Unterschiede in Unternehmenskulturen führen oft zu Spannungen, Kommunikationsproblemen und ineffizienten Abläufen. Diese Reibereien behindern den geplanten Erfolg und können langfristig die gesamte Akquisition gefährden.
4. Politische und organisatorische Zwänge
Auch interne und externe Zwänge beeinträchtigen die Qualität von M&A-Entscheidungen, insbesondere in größeren Unternehmen.
- Kapitalüberschuss
Unternehmen mit hohen liquiden Mitteln neigen dazu, das Kapital in große Akquisitionen zu stecken, statt sinnvoll zu reinvestieren oder auszuschütten. Dies führt zu teuren Übernahmen, die nicht immer Nutzen schaffen.
- Investorendruck
Führungskräfte stehen häufig unter Druck von Stakeholdern oder Aufsichtsräten, kurzfristige Wachstumsziele zu erreichen. Akquisitionen wirken wie ein schneller Hebel, Schnellschüsse sind aber selten eine nachhaltige Lösung.
- Karriere und Prestige
Manche Akquisitionen dienen in erster Linie den eigenen Karriereambitionen. Große Deals verschaffen Prestige, auch wenn die Effizienz solcher Transaktionen zweifelhaft bleibt.
5. Psychologische und emotionale Einflussfaktoren
Führungskräfte und Stakeholder sind Menschen, und Menschen unterliegen psychologischen Mechanismen, die Fehler begünstigen können.
- Prestige-Denken
Prestigeträchtige Übernahmen lassen Manager und Teams in der Öffentlichkeit glänzen. Doch finanziell und strategisch sinnvoll sind solche Entscheidungen oft nicht.
- Overconfidence Bias
Ein übersteigertes Selbstvertrauen führt dazu, dass Manager meinen, M&A-Projekte besser managen oder Synergien effizienter realisieren zu können als andere. Dieses Ego bringt riskante Entscheidungen mit sich.
- Fear of Missing Out (FOMO)
Wenn Wettbewerber Akquisitionen durchführen, entsteht häufig der Druck, „nicht den Anschluss zu verpassen“. Doch Entscheidungen, die aus Angst getroffen werden, basieren selten auf fundierten Analysen.
6. Externe Faktoren und Manipulation
Auch externe Einflüsse spielen eine große Rolle.
- Hochphasen in der Wirtschaft
Während wirtschaftlicher Boomphasen fließen Investitionen oft zu sorglos. Überwertungen und Fehlentscheidungen sind häufiger.
- Beraterinteressen
Berater, die auf Basis von Erfolgsprämien bezahlt werden, können dazu tendieren, Abschlüsse zu forcieren – auch wenn diese nicht optimal für den Käufer sind.
- Geschönte Zahlen
Verkäufer schönen manchmal ihre Unternehmensdaten, um höhere Preise zu erzielen („Die Braut hübsch machen“). Solche Manipulationen kommen oft erst nach Abschluss des Deals oder später ans Licht.
✔️ Wie können solche Fehler vermieden werden?
Um den Erfolg von M&A-Projekten zu sichern und typische Fehler zu vermeiden, sind eine strukturierte Planung, faktenbasierte Entscheidungen und die Berücksichtigung potenzieller Risiken essenziell. Neben den bereits genannten Maßnahmen sollten Unternehmen folgende ergänzende Schritte in ihre Strategie einbauen:
- Definieren und Priorisieren Sie langfristige Ziele (M&A-Strategie): Formulieren Sie klare, realistische strategische Ziele für die Übernahme. Stellen Sie sicher, dass die Akquisition den übergeordneten Unternehmenszielen dient und kein kurzfristiger Wachstumsdruck zu suboptimalen Entscheidungen führt.
- Erstellen Sie ein realistisches Synergie-Szenario: Entwickeln Sie ein konkretes und validiertes Modell für Synergiepotenziale. Lassen Sie diese durch Dritte prüfen, um Überoptimismus zu vermeiden. Planen Sie Kosten und Zeitaufwand für Synergien konservativ und mit einem Risikopuffer.
- Durchführen detaillierter Due-Diligence-Prüfungen: Analysieren Sie Zahlen, Systeme und Prozesse des Zielunternehmens tiefgehend. Stellen Sie sicher, dass Behauptungen des Verkäufers durch klare, objektive Daten belegt sind, um „geschönte Zahlen“ zu vermeiden.
- Managementkapazitäten beachten: Bewerten Sie kritisch die eigenen operativen und organisatorischen Kapazitäten für die Integrationsphase. Planen Sie zusätzliche Ressourcen ein, um sicherzustellen, dass Integration und laufende Geschäftsprozesse nicht leiden.
- Kontrollieren und steuern Sie kulturelle Integrationen: Führen Sie eine gründliche Analyse der Unternehmenskulturen durch, um potenzielle Spannungen frühzeitig zu identifizieren. Etablieren Sie Programme für Change Management und interkulturelle Zusammenarbeit.
- Sichern Sie externe Transaktionsbedingungen ab: Antizipieren Sie die Auswirkungen wirtschaftlicher Hochphasen oder geopolitischer Veränderungen auf die Übernahme. Bleiben Sie flexibel und prüfen Sie auch Exit-Strategien.
- Minimieren Sie den Einfluss von Beraterinteressen: Beziehen Sie Berater transparent und gezielt ein, doch behalten Sie stets die Kontrolle über die strategischen Leitentscheidungen. Vermeiden Sie es, Entscheidungen ausschließlich auf Anreize der Berater zu stützen.
- Schulen Sie die Führungsebene auf psychologische Fallstricke: Implementieren Sie Programme, die Manager für psychologische Tendenzen wie den Overconfidence Bias oder FOMO sensibilisieren. Objektivität und rationale Entscheidungsfindung müssen Priorität haben.
Ein strukturierter und methodischer Ansatz schützt Unternehmen nicht nur vor den häufigsten Fallstricken, sondern maximiert auch den langfristigen Wert eines Deals. Planen Sie mit maximaler Sorgfalt und lassen Sie keine Aspekte – besonders die Integrationsphase – unberücksichtigt, um nachhaltigen Erfolg zu sichern.
Fazit
M&A-Projekte bieten immense Chancen, doch die Risiken für Fehlentscheidungen dürfen nicht unterschätzt werden. Die häufigsten Stolpersteine reichen von fehlgeleiteten strategischen Motiven und überschätzten Synergien bis hin zu unterschätzten Integrationsherausforderungen und psychologischen Einflüssen. Um teure Fehler zu vermeiden, ist ein strukturierter, faktenbasierter Ansatz unverzichtbar.
Klare strategische Zielsetzungen, realistische Synergieanalysen und eine detaillierte Integrationsstrategie sind der Schlüssel zur richtigen Entscheidung und zum Erfolg. Ebenso wichtig ist es, psychologische und organisatorische Zwänge kritisch zu hinterfragen und objektive Entscheidungen zu treffen. Unternehmen, die mit Disziplin, Weitsicht und den richtigen Ressourcen agieren, maximieren die Erfolgswahrscheinlichkeit für eine richtige M&A-Entscheidung.
Setzen Sie die Handlungsempfehlungen konsequent um, priorisieren Sie eine fundierte Planung und sichern Sie sich durch professionelle Expertise einen echten Wettbewerbsvorteil. Mit den richtigen Maßnahmen wird Ihr nächstes M&A-Projekt nicht nur zu einem finanziellen, sondern auch zu einem strategischen Erfolg.