Warum M&A-Verhandlungen oft (zu Unrecht) scheitern

Aus meiner Erfahrung mit M&A-Verhandlungen und über 100 erfolgreich abgeschlossenen M&A-Projekten sowie zahlreichen weiteren, die entweder berechtigterweise nicht umgesetzt wurden oder bedauerlicherweise scheiterten – überwiegend in mittelständischen Unternehmen – habe ich einige zentrale Erkenntnisse gewonnen.

Betrachten wir einen Punkt im M&A-Prozess, an dem sich Käufer und Verkäufer grundsätzlich einig sind, die Unternehmensübergabe durchzuführen. Warum scheitern dennoch so viele Projekte nach diesem entscheidenden Moment?

Hierbei ist es wichtig, zwischen zwei Dimensionen zu unterscheiden, wie sie in der dargestellten Matrix beschrieben werden: Auf der einen Seite steht die Frage, ob eine Transaktion unter rein objektiven Gesichtspunkten unter den gegebenen Umständen und den im Raum stehenden Parametern für beide Seiten sinnvoll gewesen wäre. Auf der anderen Seite die Frage, ob die Transaktion letztlich – unter Berücksichtigung auch emotionaler Einflüsse – tatsächlich durchgeführt wurde.

Matrix MA 1

Die simplen Fälle, bei denen das objektive Bild und die tatsächliche Durchführung übereinstimmen, bedürfen keiner weiteren Betrachtung. Spannender sind jedoch jene Fälle, in denen eine Transaktion trotz rational sinnvoller Parameter nicht zustande kommt – oder umgekehrt, in denen eine objektiv nicht sinnvolle Transaktion dennoch durchgeführt wird.

Heute möchte ich mich dem ersten Fall widmen: einer Transaktion, die scheitert, obwohl sie aus rein objektiver Sicht hätte umgesetzt werden sollen.

Aus meiner persönlichen Erfahrung und Schilderungen aus meinem Netzwerk schätze ich, dass fast die Hälfte aller gescheiterten Verhandlungen auf genau diesen Umstand zurückzuführen ist: Eine Einigung wäre objektiv möglich und sinnvoll gewesen – und dennoch scheiterte die M&A-Verhandlung.

Obwohl Käufer und Verkäufer oft in einem ähnlichen Preisrahmen liegen (z. B. der Käufer wäre rational bereit, 11 Mio. zu zahlen, während der Verkäufer mit 10 Mio. zufrieden wäre), scheitern Verhandlungen häufig aus emotionalen Gründen. Nach langen Verhandlungsphasen empfinden beide Seiten oft, als hätten sie bereits zu viele Zugeständnisse gemacht. Dieses Gefühl führt nicht selten zu einem emotional überstürztem „letzten Angebot“, das die Verhandlungen scheitern lässt – selbst wenn ein Kompromiss objektiv möglich und sinnvoll wäre.

2. Umgang mit Risiken

Ein häufiger Stolperstein ist die Einschätzung und der Umgang mit Risiken, insbesondere bei Themen wie Gewährleistungen, Freistellungen oder operativen Risiken, etwa dem Verlust wichtiger Mitarbeiter. Obwohl diese Risiken aus rationaler oder statistischer Perspektive oft überschaubar sind, werden sie häufig überbewertet. Berater können die Risiken oft nicht ausreichend einordnen und überlassen die finale Bewertung dem Klienten, der sich dadurch schnell überfordert fühlt und eher vom Worst Case ausgeht.

3. Falsche oder fehlende Priorisierung

Unerfahrene Verhandler oder solche, die im Auftrag eines Unternehmens mit abgestimmten Zielvorgaben agieren, neigen dazu, alle Verhandlungspunkte mit gleicher Priorität zu behandeln. Dabei wird übersehen, dass die Punkte in ihrer Bedeutung stark variieren und Käufer sowie Verkäufer oft unterschiedliche Prioritäten haben. Diese Diskrepanzen bieten eigentlich Potenzial für Kompromisse, werden jedoch durch fehlende Priorisierung nicht genutzt.

4. Fehlendes Vertrauen

Ein Mangel an Vertrauen zwischen den Verhandlungspartnern ist ein weiterer häufiger Grund für das Scheitern von Gesprächen. Wenn beide Seiten Zweifel an der Ehrlichkeit oder den Absichten der anderen haben, wird die Basis für eine Einigung erheblich erschwert. In Kombination mit den oben genannten Risiken führt dies oft zu Misstrauen und dem Verdacht, dass die Gegenseite bewusst etwas verschweigt. Dieser Verdacht verstärkt die Haltung, auf den eigenen Standpunkten zu beharren – was die Verhandlungen weiter blockiert.

5. Zeitdruck und unrealistische Deadlines

Zu enge Fristen setzen beide Seiten unter enormen Druck und führen häufig zu schlechteren Ergebnissen. Zeitmangel verhindert oft eine gründliche Analyse wichtiger Themen, wodurch Missverständnisse und Konflikte entstehen können.

6. Unzureichende Vorbereitung

Fehlende Daten, unklare Zielvorstellungen oder unrealistische Erwartungen sind weitere Faktoren, die Verhandlungen scheitern lassen. Eine sorgfältige Vorbereitung ist essenziell, um die Gespräche effektiv und zielführend zu gestalten.

✔️ Wie lassen sich solche Verhandlungen retten?

Viele M&A-Verhandlungen können mit dem richtigen Ansatz gerettet werden. Hier sind umsetzbare Strategien zur Überwindung gängiger Stolpersteine:

1. Emotionalen Faktoren bewusst entgegentreten

Emotionale Spannungen und Konflikte können Verhandlungen schnell aus der Bahn werfen und zum Scheitern bringen. Um dem entgegenzuwirken, ist eine gründliche Vorbereitung unerlässlich. Dazu gehört, die Interessen und möglichen Emotionen der anderen Seite im Vorfeld zu analysieren. Die Einbindung eines Beraters kann helfen, potenzielle Konflikte frühzeitig zu entschärfen. Diese Instanz ermöglicht es, eine sachliche Gesprächsbasis zu schaffen und emotionale Eskalationen zu vermeiden. Durch Empathie und eine lösungsorientierte Haltung kann zudem eine positive Verhandlungsdynamik gefördert werden.

2. Kaufpreis und Risiken neutral bewerten

Unterschiedliche Wahrnehmungen und Vorstellungen über den Wert eines Unternehmens stellen häufig zentrale Stolpersteine dar. Hier schafft eine unabhängige Bewertung durch erfahrene Experten Transparenz. Diese Experten analysieren sowohl den aktuellen Marktwert als auch potenzielle zukünftige Entwicklungen, Risiken und Chancen. Mit einer fundierten Bewertung können beide Seiten ihre Position sachlich argumentieren und eine faire Entscheidungsgrundlage schaffen. Zudem lassen sich so Missverständnisse vermeiden, die auf unrealistischen Erwartungen beruhen. Eine neutrale Bewertung stärkt das Vertrauen in den Verhandlungsprozess und minimiert Konflikte.

3. Transparenz und Vertrauen aufbauen

Misstrauen und mangelnde Offenheit behindern nicht nur den Fortschritt von Verhandlungen, sondern können auch zu einem vollständigen Abbruch führen. Ehrliche und transparente Kommunikation ist daher essenziell. Dies bedeutet, wichtige Informationen rechtzeitig und umfassend offenzulegen, um Missverständnisse zu vermeiden. Gleichzeitig sollte ein sicherer Raum geschaffen werden, in dem beide Seiten ihre Bedenken äußern können. Durch die Schaffung einer vertrauensvollen Atmosphäre entsteht die Grundlage für konstruktive Gespräche und eine langfristige Zusammenarbeit. Regelmäßige Updates und klare Kommunikation signalisieren Verlässlichkeit und fördern das gegenseitige Vertrauen.

4. Prioritäten klar definieren und gewichten

Eine klare Struktur und Priorisierung der Verhandlungspunkte ist entscheidend, um effizient und zielgerichtet arbeiten zu können. Es empfiehlt sich, alle relevanten Themen zunächst zu identifizieren und diese basierend auf ihrer strategischen Bedeutung zu bewerten. So kann verhindert werden, dass unwichtige Themen zu viel Aufmerksamkeit erhalten, während zentrale Ziele aus dem Blick geraten. Gleichzeitig hilft ein Verständnis der Prioritäten der Gegenseite, gezielte Kompromisse auszuloten und auf eine Win-Win-Situation hinzuarbeiten. Regelmäßige Rückkopplungen mit den Stakeholdern sind wichtig, um sicherzustellen, dass die Prioritäten während des gesamten Prozesses klar und abgestimmt bleiben. Dieser strukturierte Ansatz minimiert Verzögerungen und erleichtert das Treffen fundierter Entscheidungen.

5. Flexibilität zeigen

Unnachgiebigkeit in Verhandlungen führt oft in eine Sackgasse, besonders bei komplexen M&A-Transaktionen. Flexibilität ist der Schlüssel, um neue Lösungen zu finden und die Verhandlungen wieder auf Kurs zu bringen. Dies kann durch kreative Ansätze wie Earn-outs, gestaffelte Zahlungen oder alternative Vertragsstrukturen erreicht werden. Solche Modelle ermöglichen es, unterschiedliche Erwartungen zu überbrücken und beiden Seiten Vorteile zu bieten. Indem man offen für alternative Lösungen bleibt, zeigt man nicht nur Kompromissbereitschaft, sondern stärkt auch das Vertrauen in die eigene Verhandlungsführung.

6. Kulturelle Kompatibilität priorisieren

Unterschiedliche Unternehmenskulturen können langfristig eine der größten Herausforderungen bei einer Fusion oder Übernahme darstellen. Daher sollten kulturelle Faktoren frühzeitig analysiert und in die Verhandlungen einbezogen werden. Dies umfasst eine umfassende Bewertung der Werte, Arbeitsweisen und Führungsstile beider Unternehmen. Durch gezielte Maßnahmen zur Förderung der kulturellen Integration, wie Workshops oder gemeinsame Projekte, kann die Zusammenarbeit harmonisiert werden. Eine frühzeitige Berücksichtigung dieser Aspekte trägt wesentlich dazu bei, den Verhandlungs- und Integrationsprozess zu unterstützen und langfristige Konflikte zu vermeiden.

7. Langfristige Perspektiven im Blick behalten

Eine zu starke Fokussierung auf kurzfristige Gewinne kann verhindern, dass strategische Synergien und nachhaltige Vorteile erkannt werden. Stattdessen sollten Verhandlungen darauf abzielen, gemeinsame langfristige Ziele zu definieren und zu verfolgen. Dies bedeutet, über kurzfristige Kompromisse hinauszudenken und den Blick auf übergeordnete Chancen wie Marktpositionierung, Innovation und Wachstum zu richten. Indem beide Seiten auf eine gemeinsame Vision hinarbeiten, können nachhaltige Lösungen gefunden werden, die für alle Beteiligten von Vorteil sind. So wird nicht nur der Erfolg der Verhandlungen gesichert, sondern auch die Basis für eine erfolgreiche Integration und Zusammenarbeit geschaffen.

Scheitern vermeiden – Erfolg sichern

Diese Ansätze bieten Hilfestellungen, um die oft komplexen Herausforderungen von M&A-Verhandlungen zu meistern. Mit einer durchdachten Strategie, klarer Kommunikation und einem Fokus auf langfristigen Erfolg können Unternehmen die Verhandlungen erfolgreich abschließen und eine starke Basis für die Zukunft schaffen.

Überlassen Sie den Erfolg Ihrer Transaktion nicht dem Zufall. Ziehen Sie frühzeitig erfahrene Berater hinzu, die Sie durch diese komplexen und hochriskanten Gespräche führen. Mit der richtigen Vorbereitung kann Ihre nächste M&A-Transaktion zu einem strategischen Erfolg werden – statt zu einer verpassten Chance.

Treffen Sie die richtigen Entscheidungen. Mit strategischer Klarheit und Weitblick.